In der modernen Präzisionsfertigung überzeugt Edelstahl durch seine exzellente Korrosionsbeständigkeit, hohe mechanische Festigkeit und eine saubere, hochwertige Optik. Als leitender Fertigungsingenieur bei Neway sehe ich täglich, dass hinter diesen Vorteilen sehr reale Zerspanungsherausforderungen stehen. Im Vergleich zu vielen anderen Metallen erzeugt Edelstahl höhere Schnittkräfte, neigt stark zur Kaltverfestigung und beschleunigt den Werkzeugverschleiß – all das erfordert durchdachte Strategien, optimierte Werkzeuge und eine stabile Prozessführung.
In unseren täglichen CNC-Bearbeitungsservices für Edelstahl stellen wir außerdem fest, dass viele Konstrukteure sich vor allem auf die Bauteilperformance im Einsatz konzentrieren (Festigkeit, Korrosionsbeständigkeit, Optik), während der eigentliche Bearbeitungsaufwand häufig unterschätzt wird. In der Praxis lassen sich die Vorteile dieser Werkstoffe aber nur dann voll ausschöpfen, wenn man sowohl die Metallurgie als auch das Zerspanungsverhalten von Edelstahl wirklich versteht. Auf Basis unserer gesammelten Erfahrungen erläutert dieser Leitfaden systematisch die wichtigsten technischen Aspekte der CNC-Bearbeitung von Edelstahl.
Austenitische Edelstähle sind die am weitesten verbreitete Familie. Sie sind bekannt für ihre hervorragende Korrosionsbeständigkeit und ihr nichtmagnetisches Verhalten. Typisch sind erhöhte Chromgehalte (≈ 18 %+) und Nickelgehalte (≈ 8 %+). Zu den gängigen Güten zählen SUS303, SUS304 und SUS316. SUS303 enthält Schwefel/Selen zur Verbesserung der Zerspanbarkeit und eignet sich ideal für Großserien-Drehteile und Automatendrehteile. SUS304 ist der universelle „Arbeitspferd“-Werkstoff, der Kosten, Korrosionsbeständigkeit und Festigkeit ausbalanciert. SUS316 mit Molybdänzusatz bietet eine deutlich bessere Lochfraßbeständigkeit, insbesondere in chloridhaltigen Medien und maritimen Umgebungen.
Martensitische Edelstähle werden für hohe Härte und Festigkeit durch Wärmebehandlung ausgelegt. Typische Beispiele sind SUS420 und SUS440C mit erhöhtem Kohlenstoffgehalt (ca. 0,15–1,0 %). Nach Härten und Anlassen erreichen sie sehr hohe Härten und werden häufig für Klingen, Lagerkomponenten, Ventile, Präzisionswerkzeuge und bestimmte medizinische Instrumente eingesetzt, bei denen Verschleißfestigkeit und grundlegende Korrosionsbeständigkeit erforderlich sind.
Ausscheidungshärtende (PH-) Edelstähle erzielen hohe Festigkeiten durch eine Alterungsbehandlung, bei der feine Ausscheidungen als Härtungsphase gebildet werden. Ein wichtiger Vertreter ist SUS630 (17-4PH). Im lösungsgeglühten Zustand lässt er sich vergleichsweise gut zerspanen; nach dem Altern bei 480–620 °C kann die Zugfestigkeit über 1.000 MPa liegen, bei gleichzeitig guter Zähigkeit. Diese Werkstoffe werden häufig in der Luft- und Raumfahrt, in Präzisionsinstrumenten sowie in sicherheitskritischen medizinischen und industriellen Bauteilen eingesetzt, in denen hohe Festigkeit, Stabilität und Korrosionsbeständigkeit gefordert sind.
Edelstahl – insbesondere austenitische Güten – neigt stark zur Kaltverfestigung. Intensive plastische Verformung in der Scherzone erhöht die Versetzungsdichte und damit die lokale Härte, was nachfolgende Schnitte für das Werkzeug deutlich erschwert und die Schnittkräfte erhöht. Zur Minimierung dieser Effekte:
verwenden wir ausreichende Schnitttiefen, sodass jede Zustellung unterhalb der verfestigten Randschicht schneidet und nicht nur darauf „reibt“;
setzen wir sehr scharfe Schneiden ein, um Verformung und Reibung zu reduzieren;
vermeiden wir Leerlauf, Reibbewegungen und häufige leichte Zustellungen in derselben Spur;
wählen wir Schnittgeschwindigkeiten, die Temperatur und Verformungsgrad kontrollieren und die Kaltverfestigung begrenzen.
Hohe Festigkeit und Zähigkeit führen zu hohen Zerspanwiderständen, die Vibrationen, Rattern, Maßabweichungen und Spannprobleme verursachen können. In unseren CNC-Fräsprozessen:
setzen wir positive Spanwinkel (≈ 15–20°) ein, um Schnittkräfte zu verringern;
nutzen wir Freiwinkel von etwa 8–10°, um eine gute Schneidenabstützung und geringeren Freiflächenverschleiß zu erreichen;
optimieren wir Spanbrecher und Abstufungsstrategien, damit die Spanlast stabil bleibt;
priorisieren wir Prozessstabilität statt blind maximaler Vorschübe und Drehzahlen.
Bei der Bearbeitung von Edelstahl treten häufig Kolkverschleiß auf der Spanfläche und gleichmäßiger Freiflächenverschleiß auf. Ursache sind hohe Schnitttemperaturen, Diffusion von Legierungselementen und Adhäsion. Unsere Gegenmaßnahmen:
Einsatz feinkörniger Hartmetallsorten mit hoher Warmhärte und Zähigkeit;
Verwendung von PVD-Beschichtungen wie TiAlN, AlTiN oder AlCrN für bessere Temperaturbeständigkeit und Antihaft-Eigenschaften;
Unterscheidung zwischen Werkzeugen für Schruppen (zäheres Substrat) und Schlichten (scharfere Schneide, härtere Beschichtung);
konsequentes Werkzeuglebensdauermanagement, um Wendeschneidplatten rechtzeitig vor einem Ausfall zu wechseln.
Die im Vergleich zu unlegierten Stählen relativ geringe Wärmeleitfähigkeit von Edelstahl konzentriert die Wärme im Bereich der Scherzone und an der Schneidkante, beschleunigt den Werkzeugverschleiß und kann zu Bauteilverzug führen. Daher:
setzen wir Hochdruckkühlung (oft 70–100 bar) ein, um Dampfblasen zu durchbrechen und Späne effektiv auszuspülen;
verwenden wir speziell für Edelstahl geeignete Kühlschmierstoffe mit EP-Additiven für Schmierung und Kühlung;
nutzen wir Innenkühlwerkzeuge bei Bohr-, Gewinde- und Tieflochbearbeitung;
stabilisieren wir Umgebungstemperatur und Maschinentemperatur bei der Bearbeitung hochpräziser Bauteile.
Wir setzen hauptsächlich feinkörnige Hartmetallwerkzeuge ein mit:
positivem Spanwinkel zur Reduzierung von Schnittkräften und Wärme;
verstärkten Schneidkanten, um Mikroausbrüche bei stoßartigen Lasten zu verhindern;
scharfen, leicht verrundeten Schneiden, um Kaltverfestigung und Aufbauschneiden zu minimieren.
Für die Schlichtbearbeitung bieten TiAlN- oder AlCrN-beschichtete Werkzeuge eine hervorragende Warmfestigkeit und geringere Reibung, was zu stabiler Werkzeugstandzeit und sehr guten Oberflächen bei austenitischen und PH-Güten führt.
Wir stimmen unsere Parameter immer auf Werkstoffgüte, Systemsteifigkeit und Bearbeitungsart ab. Für das Fräsen von SUS304 kann ein typisches Startfenster so aussehen:
Schnittgeschwindigkeit: 80–120 m/min
Zahnvorschub: 0,08–0,15 mm/Zahn
Axiale Schnitttiefe: 0,5–3 mm
Radiale Schnitttiefe: 30–50 % des Werkzeugdurchmessers
Für hochpräzise Merkmale reduzieren wir Schnitttiefe und Vorschub leicht, priorisieren Prozessstabilität und setzen mehrstufige Schlichtgänge ein.
Wir empfehlen hochwertige Emulsions- oder halbsynthetische Kühlschmierstoffe mit Konzentrationen von typischerweise 8–12 %. Hochdruck-Kühlschmierstoffzufuhr über gerichtete Düsen oder Innenkühlwerkzeuge trägt dazu bei:
die Temperatur in der Scherzone zu senken;
Wiederholungszerspanung von Spänen und Aufbauschneiden zu verhindern;
Oberflächengüte und Werkzeugstandzeit zu verbessern.
Edelstahlbauteile – insbesondere dünnwandige Geometrien – reagieren empfindlich auf Spannkräfte und Schnittlasten. Wir:
nutzen Aufsatzbacken, konturangepasste Sonderbacken oder Vakuumspannsysteme, um Spannkräfte gleichmäßig zu verteilen;
fügen Stützpunkte und Abstützflächen in der Nähe dünnwandiger Bereiche hinzu;
planen den Prozess in Sequenzen: Schruppen → ggf. Spannungsarmglühen → Schlichten → Feinbearbeitung;
setzen Mehrachsenbearbeitung ein, um möglichst viele Merkmale in einer Aufspannung zu fertigen und Umspannfehler zu reduzieren.
Durch den Zusatz von S/Se bricht SUS303 Späne leichter und reduziert Schnittkräfte. Typische Fräsparameter: Schnittgeschwindigkeit 100–150 m/min, Zahnvorschub 0,15–0,25 mm/Zahn. Ideal für Wellen, Verschraubungen, Fittings und Drehteile. Hinweis: Die Korrosionsbeständigkeit liegt unter der von SUS304 – daher nicht für hochaggressive Medien geeignet.
SUS304 erfordert fein austarierte Schnittbedingungen: 80–120 m/min bei einer Spanungsdicke von 0,10–0,20 mm/Zahn ist ein belastbarer Ausgangsbereich. Die Wärmeeinbringung sollte begrenzt werden, um Sensibilisierung zu vermeiden und die Korrosionsperformance zu erhalten. Für anspruchsvolle Anwendungen folgt auf die Bearbeitung häufig eine Passivierung, um die Passivschicht wiederherzustellen und zu verstärken.
SUS316 / 316L bietet eine verbesserte Beständigkeit gegen chloridhaltige Medien, ist aber schwerer zu zerspanen und kaltverfestigt schneller. Wir empfehlen leicht reduzierte Schnittgeschwindigkeiten (70–110 m/min) und einen Zahnvorschub von 0,08–0,15 mm/Zahn bei kontinuierlicher Schnittführung ohne Verweilzeiten. SUS316 wird breit in chemischer Verfahrenstechnik, maritimen Anwendungen, Medizintechnik und hygienischen Systemen eingesetzt.
Im geglühten Zustand (~HRC20) lässt sich SUS420 noch vergleichsweise gut bearbeiten; nach Härtung auf HRC50+ sind Schleifen oder Hartdrehen mit Keramik/CBN erforderlich. Unser typischer Prozessweg lautet: Schruppen + Vorschlichten im geglühten Zustand → Härten/Anlassen → Feinschleifen oder Hartbearbeitung. Dieses Vorgehen ist gängig für medizinische Werkzeuge, Klingen und präzise Verschleißteile.
Wir bieten angepasste mechanische Finishlösungen:
Glasperlen- oder Kugelstrahlen für gleichmäßige matte Oberflächen und zur Kaschierung kleinerer Oberflächenfehler;
Mechanisches Polieren für Spiegeloberflächen, Hygieneanforderungen oder Premiumoptik;
Gebürstete Oberflächen für gerichtete Schleifstruktur, höhere Kratzunempfindlichkeit und einen modernen industriellen Look.
Bei lebensmittelberührenden und sanitärtechnischen Komponenten kontrollieren wir die Rauheit streng, um Reinigbarkeit und normgerechte Oberflächen sicherzustellen.
Die Passivierung entfernt freie Eisenanteile und verstärkt die chromreiche Passivschicht, wodurch die Korrosionsbeständigkeit wiederhergestellt und verbessert wird. Das Elektropolieren verbessert sowohl Oberflächenglätte als auch Korrosionsverhalten, insbesondere bei komplexen Geometrien. Chemisches Färben und Oxidschichten ermöglichen dauerhaft dekorative Oberflächen für Architektur- und Sichtbauteile.
Für hohe Anforderungen an Verschleißschutz oder Optik tragen wir PVD-Beschichtungen (z. B. TiN, TiCN, DLC) auf Edelstahl auf, um Härte zu erhöhen, Reibung zu reduzieren und stabile Farbtöne zu erzielen. Hochwertige Elektropolierprozesse kommen insbesondere bei medizinischen und lebensmittelverarbeitenden Bauteilen zum Einsatz, wo extrem saubere und sehr glatt polierte Oberflächen entscheidend sind.
Um thermische Drift und elastische Verformung zu beherrschen, setzen wir auf:
gestufte Bearbeitung mit definierten Aufmaßen zwischen den Bearbeitungsschritten;
stabilisierte Temperaturen von Maschine, Kühlschmierstoff und Umgebung;
In-Prozess-Messungen und automatische Korrekturen (Tastsysteme, Messsensoren, CMM);
Spannungsarmglühen oder künstliches Altern vor der Finishbearbeitung bei Ultrapräzisionsteilen.
Für kritische Bauteile bewerten wir die Oberflächenintegrität mittels:
Rauheitsmessungen, abgestimmt auf die funktionalen Anforderungen;
mikroskopischer Prüfung auf Risse, Einrisse, Falten oder verschmiertes Material;
metallographischer Untersuchungen, um mögliche schädliche Gefügeänderungen auszuschließen.
Dies ist besonders wichtig für Komponenten in der chemischen Verfahrenstechnik, in Drucksystemen oder Medizinanwendungen.
Wenn Korrosionsbeständigkeit durch Bearbeitung, Verunreinigungen oder ungeeignete Nachbehandlung beeinträchtigt wird, steht das gesamte Designkonzept auf dem Spiel. Wir verifizieren die Performance über:
neutrale Salzsprühnebeltests zum Vergleich mit Referenzstandards;
visuelle und mikroskopische Inspektion nach Korrosionsbelastung;
elektrochemische Tests (z. B. Lochfraßpotential) für hochkritische Komponenten.
Wenn Probleme auftreten, verfolgen wir diese konsequent zurück über Werkszeugnisse, Bearbeitungsschritte und Oberflächenbehandlungen und beheben die Ursache an der Wurzel.
In der Medizintechnik wird Edelstahl aufgrund seiner Biokompatibilität, Korrosionsbeständigkeit und Sterilisierbarkeit breit eingesetzt. Wir fertigen präzise Pinzetten, Scheren, Bohrkomponenten und Gehäuse mit engen Toleranzen und hochwertiger Oberflächengüte. Für Langzeitimplantate verwenden wir niedrigkohlenstoffhaltige und hochreine Güten wie 316L in Verbindung mit kontrollierten Bearbeitungs- und Nachbehandlungsstrategien.
Für Anwendungen in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie fertigen wir Führungen, Ventile, Pumpengehäuse und Tanks, die hygienisch, leicht zu reinigen und frei von Toträumen sein müssen. Schweißnähte, Übergänge und Oberflächenrauheiten werden so ausgeführt, dass sie die geltenden Hygieneanforderungen erfüllen und Kontaminationsrisiken minimieren.
In Chemieanlagen und Offshore- bzw. maritimen Umgebungen fertigen wir Pumpengehäuse, Ventilkomponenten, Verteilerblöcke und Rohrverbindungen aus SUS316 und Duplex-Edelstählen. Die Bauteile besitzen häufig komplexe Innengeometrien und Dichtflächen, bei denen unsere Mehrachsen-CNC-Bearbeitung und moderne Messtechnik Präzision und Langlebigkeit sicherstellen.
Bei Neway betrachten wir Edelstahl nicht als „irgendeinen Werkstoff“. Wir kombinieren tiefes metallurgisches Verständnis mit optimierten Werkzeugbibliotheken, erprobten Schnittdaten und robusten Qualitätssystemen, um vom Prototyp bis zur Serie gleichbleibende Ergebnisse zu liefern. Unsere internen Datenbanken bieten Prozessempfehlungen für gängige und spezielle Edelstahlsorten und ermöglichen es uns, für Ihre Bauteile schnell stabile Bearbeitungsfenster festzulegen.
Mit unserem integrierten One-Stop-Service unterstützen wir Sie von der Werkstoffauswahl und DFM-Beratung über CNC-Bearbeitung, Wärmebehandlung und Oberflächenveredelung bis hin zur Endprüfung und Dokumentation. Egal, ob Sie einige komplexe Prototypen oder eine stabile Großserienfertigung benötigen – wir liefern Bauteile, die sowohl mit Ihren Zeichnungen als auch mit den Anforderungen der realen Einsatzbedingungen übereinstimmen.
Wie wähle ich die richtige Edelstahlgüte für meine Anwendung aus?
Welche typischen Fehler bei der Edelstahlbearbeitung sollten vermieden werden?
Wie verbessern Passivierung oder Elektropolieren die Korrosionsbeständigkeit?
Welche Vorsichtsmaßnahmen sind bei der Bearbeitung dünnwandiger Edelstahlbauteile notwendig?
Wie stellt Neway eine stabile Qualität bei der Edelstahlbearbeitung sicher?