Die Festlegung der richtigen Stichprobenfrequenz für Chargenprüfungen ist eine entscheidende qualitätssichernde Entscheidung, die ein Gleichgewicht zwischen Risiko, Kosten und Effizienz herstellt. Ein gut gestalteter Stichprobenplan bietet ein hohes Maß an Vertrauen in die Chargenqualität, ohne die hohen Kosten einer 100%-Prüfung zu verursachen. Er ist ein statistisches Werkzeug, das auf den Prinzipien der Annahmestichprobe basiert und im Wesentlichen durch die „Acceptable Quality Limit“ (AQL) gesteuert wird.
Die Grundlage jedes Stichprobenplans ist das Verständnis, dass die Chargenqualität anhand einer repräsentativen Teilmenge beurteilt wird – nicht mit absoluter Sicherheit.
Die Acceptable Quality Limit (AQL) ist das schlechteste noch tolerierbare durchschnittliche Qualitätsniveau des Prozesses, das Sie zu akzeptieren bereit sind. Ein Stichprobenplan, der durch eine AQL definiert ist (z. B. 1,0 % für Hauptfehler), bedeutet nicht, dass Sie Chargen mit 1,0 % Fehlern akzeptieren; vielmehr bedeutet er, dass Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit (typischerweise 95 %) Chargen akzeptieren, die auf oder besser als diesem 1,0 %-Fehlerniveau liegen. Das dazugehörige Gegenstück ist die Lot Tolerance Percent Defective (LTPD) – das Qualitätsniveau, bei dem die Wahrscheinlichkeit der Annahme gering ist (typischerweise 10 %). Dadurch werden Produzentenrisiko (Zurückweisung guter Chargen) und Konsumentenrisiko (Annahme schlechter Chargen) ausbalanciert.
Stichprobenpläne wie in ISO 2859-1 verwenden Prüfniveaus (Allgemein I, II, III oder Speziell S-1 bis S-4), um die Stichprobengröße in Abhängigkeit von der Chargengröße zu bestimmen. Allgemeines Prüflevel II ist am gebräuchlichsten. Der Stichprobengrößencode aus der Tabelle wird mit Ihrer gewählten AQL kombiniert und bestimmt die Anzahl der zu prüfenden Teile sowie die Annahme-/Ablehnungszahl. Für kritische Komponenten in Branchen wie der Medizintechnik oder der Luft- und Raumfahrt werden in der Regel strengere AQL-Werte (z. B. 0,65 % oder 0,10 %) und höhere Prüfniveaus (III) vorgeschrieben, um das Risiko zu minimieren.
Der Stichprobenplan ist kein Einheitskonzept; er muss an produktspezifische und prozessspezifische Faktoren angepasst werden.
Ein stabiler und fähiger Fertigungsprozess mit nachweislich hoher Ausbringung rechtfertigt eine reduzierte Stichprobenfrequenz oder eine weniger strenge AQL. Ein gut beherrschter CNC-Drehprozess, der einfache Wellen fertigt, kann beispielsweise eine übliche AQL von 1,5 verwenden. Im Gegensatz dazu erfordert ein neuer oder instabiler Prozess – oder einer, der schwierige Materialien wie Titan oder Inconel 718 bearbeitet – eine strengere Prüfung, eventuell sogar 100 %-Verifizierung kritischer Merkmale, bis die Stabilität nachgewiesen ist.
Die potenziellen Auswirkungen eines Teilausfalls sind der wichtigste Faktor bei der Festlegung der Prüfstrenge. Dies kann in drei Kategorien unterteilt werden:
Kritisch: Ein Ausfall könnte Verletzungen oder einen katastrophalen Systemausfall verursachen. Erfordert die strengste AQL (z. B. 0,10 %) und häufig eine 100 %-Prüfung für dieses Merkmal. Dies ist für sicherheitskritische Komponenten in der Automobilindustrie oder Luftfahrt nicht verhandelbar.
Hauptfehler (Major): Ein Ausfall würde voraussichtlich dazu führen, dass das Produkt nicht verwendbar ist. Hier wird üblicherweise eine strenge, aber weniger harte AQL angewendet (z. B. 0,65 % oder 1,0 %).
Geringfügig (Minor): Ein Ausfall würde die Gebrauchstauglichkeit nicht wesentlich beeinträchtigen, könnte aber die Optik oder wahrgenommene Qualität beeinflussen. Eine großzügigere AQL (z. B. 2,5 %) kann verwendet werden.
Eine Charge, die aus einer einzigen Materialcharge in einem kontinuierlichen Produktionslauf hergestellt wurde, ist homogener als eine Charge, die aus mehreren Rüstvorgängen zusammengestellt wurde. Für homogene Chargen ist die statistische Stichprobe zuverlässiger. Darüber hinaus können zertifizierte oder leistungsstarke Lieferanten mit validierten Prozessen – etwa solche, die einen One-Stop-Service anbieten – aufgrund ihrer nachgewiesenen Qualitätshistorie auf reduzierte Stichproben umgestellt werden.
Ein statischer Stichprobenplan kann im Laufe der Zeit ineffizient werden. Eine dynamische, datengesteuerte Strategie ist wesentlich wirkungsvoller.
ISO 2859-1 erlaubt den Wechsel zwischen Prüfverschärfungen auf Basis der Historie. Wenn mehrere aufeinanderfolgende Chargen unter normaler Prüfung akzeptiert werden, kann auf eine reduzierte Prüfung umgestellt werden, um Kosten zu sparen. Werden jedoch zwei von fünf aufeinanderfolgenden Chargen abgelehnt, muss auf eine verschärfte Prüfung umgestellt werden, um den Kunden zu schützen – entweder durch Erhöhung der Stichprobengröße oder durch Anforderung eines höheren Qualitätsniveaus für die Annahme.
Für neue Teile oder nach wesentlichen Prozessänderungen ist eine vollständige Erstmusterprüfung (First Article Inspection) zwingend erforderlich. Dies entspricht einer 100 %-Prüfung aller festgelegten Merkmale an einer kleinen Erstserie. Die Daten aus der FAI validieren den Fertigungs- und Prototyping-Prozess und liefern die anfänglichen Prozessfähigkeitsdaten, die dann die Stichprobenfrequenz für nachfolgende Chargen in der Serienfertigung bestimmen.
Zusammenfassend ist die Festlegung der Stichprobenfrequenz eine strategische Entscheidung. Sie beginnt mit einem Standard wie der AQL, muss aber anhand von Prozessfähigkeit, Teilekritikalität und Lieferantenleistung verfeinert werden. Ein dynamischer Plan, der auf Qualitätsdaten reagiert, stellt sicher, dass Ressourcen auf die höchsten Risiken konzentriert werden und so Produktqualität und Effizienz in der Lieferkette gewährleistet sind.