Aus Sicht der Fehleranalyse und Systemtechnik ist das Versagen einer Wärmedämmschicht (Thermal Barrier Coating, TBC) ein fortschreitender Prozess, bei dem mehrere Abbau- und Schädigungsmechanismen miteinander interagieren. Ein robustes Design und ein streng kontrollierter Fertigungsprozess zielen nicht darauf ab, das Versagen unbegrenzt zu verhindern, sondern darauf, diese Mechanismen so zu steuern, dass die Lebensdauer vorhersehbar verlängert und ein vorzeitiges, katastrophales Abplatzen (Spallation) vermieden wird.
Dies ist der dominierende Versagensmechanismus der meisten TBC-Systeme. Eine thermisch gewachsene Oxidschicht (TGO), hauptsächlich aus Al₂O₃, bildet sich an der Grenzfläche zwischen Haft- und Deckschicht. Eine langsam wachsende, haftfeste TGO ist schützend, ihr fortgesetztes Wachstum führt jedoch zum Versagen.
Mechanismus: Mit der Zeit und bei hohen Temperaturen verdickt sich die TGO und entwickelt erhebliche Druckspannungen. Wenn der Aluminiumvorrat in der Haftschicht abnimmt, entstehen instabile Mischoxide, die schneller wachsen und eine schlechtere Haftung aufweisen. Schließlich kommt es zu Welligkeit, Mikrorissbildung und großflächigem Ablösen (Spallation).
Design-/Prozessmaßnahmen:
Zusammensetzung der Haftschicht: Verwendung optimierter, aluminiumbildender Haftschichten (z. B. Pt-Aluminid oder hochreine MCrAlY) mit ausreichendem Aluminiumanteil und reaktiven Elementen (Y, Hf), um eine langsam wachsende, haftfeste TGO zu fördern. Die Qualität des zugrunde liegenden Superlegierungs-Substrats ist entscheidend.
Prozesskontrolle: Gewährleistung einer sauberen, kontrollierten Auftragung der Haftschicht durch Low-Pressure Plasma Spraying (LPPS) oder EB-PVD, um Verunreinigungen zu minimieren, die als Ausgangspunkte für TGO-Versagen wirken können.
Die extremen Temperaturänderungen während des Startens und Abschaltens einer Turbine verursachen zyklische Spannungen durch den unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten (CTE) zwischen der keramischen Deckschicht und dem Metallsubstrat.
Mechanismus: Wiederholte Zyklen führen zur Initiierung und Ausbreitung von Rissen, meist an der TGO-Grenzfläche oder in der keramischen Schicht nahe dieser Grenzfläche, was schließlich zur Abplatzung führt.
Design-/Prozessmaßnahmen:
Säulenförmige Mikrostruktur: Einsatz von EB-PVD-Prozessen für kritische Komponenten wie Turbinenschaufeln. Die feine, segmentierte Säulenstruktur einer EB-PVD-TBC (z. B. basierend auf YSZ) bietet eine hervorragende Dehnungsfähigkeit und reduziert Spannungsaufbau bei thermischen Zyklen.
Gradientenschichten: In manchen Designs kann eine funktional abgestufte Übergangsschicht zwischen Haft- und Deckschicht eingesetzt werden, um den Eigenschaftsunterschied zu verringern und Spannungen zu minimieren.
Bei dauerhaft hohen Betriebstemperaturen (über 1200 °C) verändern sich Mikrostruktur und Chemie der TBC.
Mechanismus: Die poröse Mikrostruktur der Deckschicht, die für geringe Wärmeleitfähigkeit sorgt, beginnt zu sintern und sich zu verdichten. Dadurch steigen Steifigkeit und Wärmeleitfähigkeit, während die Dehnungsfähigkeit sinkt. Bei YSZ kann eine unerwünschte Phasenumwandlung von der metastabilen tetragonalen t'-Phase zur monoklinen Phase beim Abkühlen auftreten, verbunden mit schädlichen Volumenänderungen.
Design-/Prozessmaßnahmen:
Mikrostrukturelles Design: Steuerung der Anfangsporösität und Defektstruktur der Deckschicht über Prozessparameter. Neue laserbasierte Verfahren werden erforscht, um maßgeschneiderte Mikrostrukturen zu erzeugen.
Alternative Materialien: Einsatz neuer TBC-Materialien wie Gadolinium-Zirkonat (GZ), das bei höheren Temperaturen beständiger gegen Sintern und Phasenumwandlung ist als herkömmliches YSZ.
Eingebrachte Umweltverunreinigungen stellen eine ernste Gefahr für TBCs dar.
CMAS (Calcium-Magnesium-Aluminium-Silikat): Geschmolzener Staub und Sand dringen in die poröse TBC ein, erstarren beim Abkühlen und verursachen Versprödung, verringerte Spannungsaufnahme und beschleunigtes Sintern.
Erosion: Harte Partikel tragen die Beschichtung mechanisch ab.
Design-/Prozessmaßnahmen:
CMAS-beständige Deckschichten: Entwicklung von TBC-Zusammensetzungen, die mit CMAS reagieren und kristalline, abdichtende Phasen bilden, welche das Eindringen stoppen. Materialien wie GZ sind widerstandsfähiger als YSZ.
Dichte, vertikal gerissene (DVC) APS-Beschichtungen: Für Bauteile mit hoher Erosionsgefahr kann eine APS-TBC mit DVC-Mikrostruktur eine bessere Erosionsbeständigkeit bieten als eine Standard-EB-PVD-Beschichtung – allerdings oft mit etwas geringerer Dehnungsfähigkeit.
Luftfiltration: Bei stationären Turbinen ist eine hochwertige Ansaugluftfiltration die wichtigste Schutzmaßnahme gegen Verunreinigungen.
Systembasiertes Design: Eine TBC darf nicht isoliert betrachtet werden. Ihre Leistung hängt eng mit dem internen Kühlsystemdesign des Bauteils zusammen. Eine bessere Kühlung senkt die Oberflächentemperatur und verlangsamt alle Abbauprozesse erheblich.
Qualitätssicherung in der Fertigung: Die Einhaltung von Luftfahrtstandards wie NADCAP für Beschichtungsprozesse ist zwingend erforderlich. Dadurch werden strenge Kontrollen bei der Oberflächenvorbereitung (Sandstrahlen), Schichtdicke und Mikrostruktur gewährleistet, um Defekte zu minimieren, die als Ausgangspunkte für Versagen dienen könnten.
Lebensdauerprognose und Inspektion: Einsatz physikalisch basierter Modelle, die TGO-Wachstum und zyklische Spannungsakkumulation berücksichtigen, um Austauschzeitpunkte vorherzusagen. Bei Überholungen werden zerstörungsfreie Prüfverfahren (NDE) eingesetzt, um den Zustand der TBC zu bewerten und zu entscheiden, ob ein Teil weiterverwendet oder neu beschichtet werden muss.