Die Wärmebehandlung nach der Bearbeitung ist ein entscheidender und unverzichtbarer Schritt für die meisten Hochleistungs-Superlegierungsteile – keineswegs nur ein optionaler Nachprozess. Sie stellt den verbindenden Vorgang zwischen der mechanisch geformten Struktur und dem einsatzbereiten Hochtemperaturbauteil dar. Die Notwendigkeit ergibt sich sowohl aus der grundlegenden Natur von Superlegierungen als auch aus den durch die Bearbeitung selbst verursachten Veränderungen.
Die Zerspanung, insbesondere bei aggressiven Schruppvorgängen, führt zu plastischer Verformung des Materials und erzeugt intensive lokale Wärme, wodurch erhebliche Eigenspannungen in das Bauteil eingebracht werden. Bei einem Werkstoff wie Inconel 718 können diese Spannungen beträchtlich sein. Wenn sie nicht behandelt werden, bauen sich diese inneren Spannungen mit der Zeit oder bei Betriebstemperaturen um und führen zu Bauteilverzug, Verlust der Maßhaltigkeit und potenziellen Toleranzabweichungen. Eine Spannungsarmglühung wird durchgeführt, um diese Spannungen auszubringen und sicherzustellen, dass das Bauteil im Betrieb geometrisch stabil bleibt.
Superlegierungen werden in der Regel im „geglühten“ oder „überalterten“ (weichen) Zustand geliefert, um die Bearbeitbarkeit zu gewährleisten. Die endgültigen Hochleistungseigenschaften – außergewöhnliche Zugfestigkeit, Kriechbeständigkeit und Ermüdungslebensdauer – sind nicht im bearbeiteten Zustand vorhanden. Sie werden durch eine präzise Abfolge von Wärmebehandlungen aktiviert und fixiert:
Lösungsglühen: Erhitzen der Legierung auf eine hohe Temperatur, um alle sekundären Ausscheidungsphasen (z. B. Gamma-Prime γ') in einer homogenen festen Lösung aufzulösen und die Mikrostruktur zu homogenisieren.
Ausscheidungshärten (Aging): Erhitzen des Bauteils auf eine definierte Zwischentemperatur über einen längeren Zeitraum, wodurch sich eine gleichmäßige Verteilung nanoskaliger Ausscheidungen (γ' oder γ'') im Gefüge bildet. Dieser Schritt verleiht dem Werkstoff seine hohe Festigkeit und Temperaturbeständigkeit.
Eine Bearbeitung nach dem finalen Alterungsschritt wird vermieden, da das Material danach extrem hart und abrasiv ist – dies erschwert die Zerspanung und erhöht das Risiko von Mikrorissen erheblich.
Der Schneidprozess kann mikroskopische Gefügeschäden an der Oberfläche verursachen, wie z. B.:
Plastische Verformung und Kaltverfestigung: Bildung einer spröden, instabilen Oberflächenschicht.
Mikrorisse: Feine Risse, die als Ausgangspunkte für Ermüdungsbrüche dienen können.
Veränderte Phasenzusammensetzung: In der unmittelbaren Oberflächenschicht durch extreme lokale Erwärmung.
Die Wärmebehandlung nach der Bearbeitung hilft, die Mikrostruktur in dieser betroffenen Zone wiederherzustellen, verbessert die Oberflächenintegrität sowie die Beständigkeit des Bauteils gegen Ermüdung und Spannungsrisskorrosion – ein entscheidender Faktor für Komponenten in der Luft- und Raumfahrt und der Energieerzeugung.
Bearbeitung aus geglühtem Rohmaterial: Schruppen und Schlichten des Bauteils unter Belassung einer geringen Materialzugabe.
Zwischenglühen zur Spannungsreduzierung: Abbau der durch das Schruppen eingebrachten Spannungen, um Verzug während der Endbearbeitung zu vermeiden.
Endbearbeitung: Erreichen der endgültigen Maße und Oberflächenqualität.
Lösungsglühen & Ausscheidungshärten: Durchführung des finalen Wärmebehandlungszyklus, um die gewünschten mechanischen Eigenschaften zu erzielen.
Zusammenfassend ist die Wärmebehandlung nach der Bearbeitung entscheidend, um Maßstabilität sicherzustellen, die konstruktiv vorgesehenen mechanischen Eigenschaften zu aktivieren und die langfristige strukturelle Integrität von Superlegierungskomponenten unter extremen thermischen und mechanischen Belastungen zu gewährleisten. Sie verwandelt ein bearbeitetes Werkstück in ein zuverlässiges Hochleistungsbauteil.