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Sind Eigenspannungen aus der Bearbeitung immer schädlich für die Leistung?

Inhaltsverzeichnis
The Dual Nature of Residual Stresses
Detrimental Tensile Residual Stresses
Beneficial Compressive Residual Stresses
Machining Strategies to Control Residual Stress
Conclusion: Context is King

Aus ingenieurtechnischer und metallurgischer Sicht sind durch die Bearbeitung verursachte Eigenspannungen nicht grundsätzlich nachteilig; ihre Auswirkung auf die Bauteilleistung ist vollständig kontextabhängig und hängt von der Art (Zug oder Druck), der Größe, der Tiefe und der Verteilung der Spannung im Verhältnis zur Einsatzbelastung des Bauteils ab. Eine vereinfachte Annahme, dass alle Eigenspannungen schlecht seien, kann dazu führen, Chancen zur Leistungssteigerung zu übersehen.

Die doppelte Natur von Eigenspannungen

Schädliche Zug-Eigenspannungen

In den meisten Fällen sind Oberflächen- und Nahoberflächen-Zugspannungen unerwünscht und wirken sich negativ aus. Sie wirken als zusätzliche Vorspannung, die sich zu den im Betrieb auftretenden Lasten addiert, wodurch die Ermüdungsfestigkeit verringert und Rissbildung sowie Rissausbreitung gefördert werden. Dies ist besonders kritisch für Bauteile, die zyklischen Belastungen ausgesetzt sind, wie sie in der Luft- und Raumfahrt oder der Automobilindustrie vorkommen. Darüber hinaus können Zugspannungen Spannungsrisskorrosion (SCC) in anfälligen Umgebungen beschleunigen und die Stabilität dünnwandiger Strukturen gegen Beulen verringern. Solche Spannungen entstehen typischerweise durch aggressive Bearbeitung, die übermäßige Wärme erzeugt, wodurch sich das Oberflächenmaterial plastisch dehnt und beim Abkühlen zusammenzieht, was zu Zugspannungen führt.

Nützliche Druck-Eigenspannungen

Im Gegensatz dazu werden Druck-Eigenspannungen an der Oberfläche oft gezielt eingeführt, um die Leistung zu verbessern. Druckspannungen müssen erst durch aufgebrachte Zugbelastungen überwunden werden, bevor ein Riss entstehen kann. Dies verbessert die Ermüdungslebensdauer erheblich, erhöht den Widerstand gegen Rissausbreitung und kann auch die Beständigkeit gegen bestimmte Arten von Verschleiß und Reibkorrosion (Fretting) erhöhen.

Verfahren wie Kugelstrahlen (Shot Peening), Nitrieren und Laserstrahlen (Laser Peening) sind speziell darauf ausgelegt, eine tiefe Schicht von Druckspannungen in der Oberfläche zu erzeugen. Selbst bestimmte kontrollierte Bearbeitungs- und Schleifprozesse können, wenn sie mit der richtigen Werkzeuggeometrie und optimalen Parametern durchgeführt werden, so gestaltet werden, dass sie einen Netto-Druckspannungszustand hinterlassen – wodurch ein potenzielles Problem in einen Leistungsgewinn umgewandelt wird.

Strategien zur Steuerung von Eigenspannungen bei der Bearbeitung

Das Ziel moderner Bearbeitung besteht nicht notwendigerweise darin, alle Eigenspannungen zu eliminieren, sondern sie zu kontrollieren. Für sicherheitskritische Komponenten umfasst dies:

  • Optimierte Bearbeitungsparameter: Verwendung scharfer Werkzeuge, positiver Spanwinkel, Hochdruckkühlung und geeigneter Schnittwerte, um Wärmeentwicklung und plastische Verformung zu minimieren und so die Entstehung von Zugspannungen zu verringern.

  • Spannungsarmglühen nach der Bearbeitung: Ein entscheidender Schritt der Wärmebehandlung, insbesondere nach Schruppoperationen, um das gesamte Spannungsniveau im Bauteil zu homogenisieren und zu reduzieren, bevor die Endbearbeitung erfolgt.

  • Gezieltes Spannungsdesign: Auswahl eines Verfahrens für die Endbearbeitung, das bekanntermaßen Druckspannungen erzeugt, oder die Spezifikation eines sekundären Prozesses wie Kugelstrahlen nach Abschluss der Bearbeitung.

Fazit: Der Kontext ist entscheidend

Die Behauptung, dass durch die Bearbeitung induzierte Eigenspannungen grundsätzlich nachteilig sind, ist daher falsch. Entscheidend ist, die Leistungsanforderungen des Bauteils zuerst zu definieren. Für ein nicht kritisches, statisch belastetes Halteblech können Eigenspannungen unbedeutend sein. Für eine rotierende Turbinenscheibe aus Inconel 718 oder ein dynamisch belastetes Fahrwerksbauteil ist der Spannungszustand jedoch ein entscheidendes Qualitätsmerkmal, das sorgfältig kontrolliert und häufig gezielt in Richtung Druckspannung ausgelegt werden muss. Die Kunst liegt im Verständnis dieser Dualität und in der gezielten Auswahl der passenden Fertigungsprozesse.

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